Theater an der Niebuhrg gibt Show-Garantie ab April ’21
OBERHAUSEN. Das „Drive in“-Theater ist ausdrücklich von den Verboten der Corona-
Schutzverordnung ausgenommen. Printenbuhrg und Weihnachts-Komödie fallen aus.
Artikel von Ralph Wilms
Auch der Niebuhrg-Chef teilt die novemberlichen Gefühle fast aller Kulturschaffenden. „Nicht
spielen zu dürfen“, sagt Holger Hagemeyer, „zerrt an den Nerven. Man wird so mutlos.“ Doch
bei diesem entschlossenen Quereinsteiger ins Showbusiness ist das nur ein Anflug. Denn das
Theater an der Niebuhrg gibt seinem Publikum, jedenfalls ab April 2021, eine Show-Garantie :
Sollte dann das im letzten Sommer so beliebte Parkbanktheater im Freien nicht öffnen dürfen,
will Hagemeyer das „Drive in“-Theater wieder beleben .
„Wir spielen auf jeden Fall“, betont der 61-jährige Ober-Niebuhrger. „Die Genehmigung habe
ich.“ Seine mit einem Ostergottesdienst eröffnete, viel publizierte und gern kopierte Variante
des „Autokinos“ für Live-Shows war während des ersten Lockdowns mit einer
Ausnahmegenehmigung an den Start gegangen. Doch Hagemeyer hatte „im Nachgang“ einen
formvollendeten Bauantrag gestellt und eine dauerha”e Genehmigung erhalten.
Voraussetzung: 1,5 Meter Mindestabstand zwischen den Autotüren. „Das Wort Auto-Theater“,
weiß sein Erfinder, „hat es sogar in die Corona-Schutzverordnung geschaf”“ – als letzte sichere
Option. Denn wer online bucht und im eigenen Wagen zur Vorstellung anreist, muss seine
sichere Blech-Umgebung für keinen Moment verlassen.
Holger Hagemeyer beschreibt sich als Kind der
großen Autokino-Ära, die im Frühjahr der
Pandemie so jäh wieder aufblühte : „Ich habe
schon im Schneetreiben Filme gesehen.“
Allerdings kann das „Drive in“-Theater der
Niebuhrg seinen motorisierten Gästen keine
Mini-Elektroheizungen ins Auto reichen. Und
für die Künstler wäre ein Winter-„Open Air“
ebenfalls unzumutbar. Doch fürs Frühjahr hat
sich das Theater an der Niebuhrg nun einen
größeren Showtruck zugelegt mit einem
Bühnen-Gardemaß von acht mal sechs Metern
und vier Metern Höhe. Erste Option bleibt
allerdings das stimmungsvollere
Parkbanktheater mit seinen 80 Bänken für bis zu 160 Zuschauer.
Karten für ein „Lockdown-sicheres“ Programm
Mit der Garantie, spielen zu können, vergibt das seit 24 Jahren nicht-subventionierte Theater
nun von April an nicht nur Reservierungen, sondern verkau” auch Karten für ein „Lockdown-
sicheres“ Programm . Der Theaterchef aus der Gebäudereinigungsbranche handelt als
vorsichtiger Unternehmer: keine Gutscheine, keine Soli-Tickets. „Diese Karten werden ja
schließlich auch eingelöst“, erklärt Hagemeyer, und bedeuteten dann aus seiner Sicht einen
„Schuldenberg“. Nach aktuellem Stand habe sein Theater zwar nur noch wenig Rücklagen,
aber sei auch nicht verschuldet. Und den Bankkredit für die rund 5600 Quadratmeter
Gebäudefläche der einstigen Zeche Concordia müsse er auch nicht aussetzen.
So erklärt sich, dass die Niebuhrger für das erste Quartal 2021 zwar Plätze reservieren, aber
noch keine Tickets verkaufen. Denn ob die Wiederaufnahme des hauseigenen Swing-Musicals
„Wer küsst Dich?“ wirklich am 8. Januar steigen kann, ist noch ebenso ungewiss wie die 20
weiteren Termine zum Au”akt des Jahres. Zwar sagt der Niebuhrg-Chef: „Wir kommen auch
ohne staatliche Hilfe in die nächste Spielzeit.“ Dennoch schmerzt der Dezember-Lockdown.
„Wir hätten jetzt unsere Haupteinnahmezeit.“
Trösterchen statt der Weihnachts-Komödie
Der vorweihnachtliche Markt der „Printenbuhrg“ war alle Jahre zuvor ein Selbstläufer. Und
„unendlich traurig“ ist die gesamte Niebuhrg-Crew über den Verlust der 24. Auflage ihres
immer wieder liebevoll umgestrickten Komödien-Hits „Was Sie schon immer über
Weihnachten wissen wollten“ – für den Kenner schon eifrig reserviert hatten. Die 24.
„WSsiüWww“-Show hätte in diesen Tagen Premiere haben sollen. Stattdessen gibt’s online auf
niebuhrg.de als Trösterchen fürs Publikum Weihnachtsgrüße aus der Produktion.
Trotz all dieser Ungewissheiten steuert der
Ober-Niebuhrger auf ein Jubiläum zu: Am 20.
September 1996 zeigte der als Show-Impresario
Ungelernte mit dem aufwendigen Musical
„Tarot“ seine erste eigene Produktion, damals
noch in der Dubois-Arena im Borbecker
Schlosspark . Zehn Jahre später war das
verwunschene Zechengelände an Oberhausens
westlicher Stadtgrenze hergerichtet. „Seit bald
25 Jahren beweise ich, dass es geht“, sagt
Holger Hagemeyer, „ohne öffentliches Geld zu
verbraten“.
„Tarot“ als Live-Musical oder als Film?
Natürlich würde er zum Jubiläum liebend gerne „Tarot“ zeigen – inklusive des in diesem
schwierigen Jahr gegründeten Buhrg-Chors. Doch diese Produktion lasse sich kaum Corona-
konform einrichten, und Hagemeyer rechnet noch bis zum Herbst ‘21 mit Einschränkungen:
„Im Zweifelsfall zeigen wir eben den Tarot-Film im Autokino .“ Denn als Filmemacher hat sich
der 61-jährige Macher ja auch schon bewährt.